Warum macht der russische Angriffskrieg Ökostrom teurer?
So funktioniert der Strommarkt
Zunächst ist ein Blick auf die Strombörsen nötig, wo die Preise für Stromlieferungen entstehen. Eine europäische Energiehandelsbörse auf deutschem Boden ist etwa die Leipziger Strombörse EEX. Dort treffen die Anbieter von Energie, also Kraftwerksbetreiber oder Großhändler, auf die Nachfrager, das sind vor allem Stromlieferanten oder auch einzelne Industriebetriebe.
Die Angebotsdeckung erfolgt dabei nach der so genannten Merit-Order. Das meint, dass in der Angebotsreihenfolge so lange Kraftwerke von günstig nach teuer hinzugeschaltet werden, bis alle Nachfrager ihre Stromkäufe decken können:
- In dieser Deckungsreihenfolge der Kraftwerke kommen
die Erneuerbaren immer zuerst, denn
sie haben einen gesetzlichen Einspeisevorrang: Sie müssen und dürfen immer mit
ihren Mengen in den Markt gehen, wenn die Wetterbedingungen (Sonne, Wind) ihnen
die Stromerzeugung erlauben.
- Danach werden konventionelle
Kraftwerke hinzugeschaltet, meist große Kohle- und Atom-Kraftwerke
(letztere nur noch bis Ende 2022). Sie produzieren Strom aktuell günstiger als
Gaskraftwerke, sind jedoch zu unflexibel, um die stets schwankende
Stromerzeugung in der Spitzenlast auszugleichen.
- Am Ende der Strombedarfsdeckung stehen deshalb meist die Gaskraftwerke, in denen Strom aus der Verbrennung von Gas gewonnen wird. Diese sind zwar – wegen der hohen Gaspreise – die teuersten in der Reihenfolge, können aber relativ schnell hoch- und runtergefahren werden und so die Erzeugung exakt auf den Verbrauch einpegeln.
Wie der Gaspreis den Strompreis beeinflusst
An der Strombörse bestimmt das letzte Gebot, das einen Zuschlag erhält, den Strompreis. Der Preis für elektrische Energie hängt also vom jeweils teuersten Kraftwerk ab, das noch benötigt wird, um die Stromnachfrage zu decken; in der Regel sind dies derzeit die Gastkraftwerke.
Gaskraftwerke bestimmen somit aktuell meist den Preis für den gesamten Strommarkt – und das gilt umso mehr, weil andere konventionelle Kapazitäten, also Atom und Kohle, sukzessive wegfallen. Ein steigender globaler Gaspreis sorgt damit für höhere Stromkosten in Deutschland.
Warum sich auch regionaler Ökostrom nach dem Börsenpreis richtet
Wer einen Ökostromtarif gebucht hat, wird nun einwenden, dass ein echter Ökostromanbieter doch gar nicht an der Börse kauft – sondern den Strom direkt bei den Betreibern von Wasser-, Wind-, und Solarkraftwerken beschafft, oft sogar direkt in der Region. Warum erhöhen auch solche regionalen Ökostromanbieter plötzlich ihre Preise, und das nicht zu knapp? Sie wirtschaften doch autark und sollten deshalb gar nicht von globalen Preisentwicklungen beeinflusst werden …
Die Antwort lautet: Auch solche direkten Lieferverträge (sog. OTC-Verträge: Over the counter, also direkt über den Schreibtisch) für Strom aus erneuerbaren Energien richten sich nach den Börsenpreisen. Denn der Börsenpreis ist nun einmal die Orientierungsmarke für marktübliche Preisniveaus. Nur damit fühlen sich weder Erzeuger noch Lieferant übervorteilt.
Würde ein Ökostromanbieter seinen Strom deutlich teurer als der Börsenpreis einkaufen, wäre er nicht konkurrenzfähig. Würde er deutlich niedrigere Preise zahlen wollen, würden die Öko-Kraftwerksbetreiber lieber zu anderen Abnehmern oder eben direkt an die Börse gehen. Daher werden auch direkte und sogar regionale Ökostrom-Lieferverträge vom Börsenpreis beeinflusst.
Ökostrom-Anbieter dienen der Energieunabhängigkeit
Doch machen Sie sich bewusst: Echte Ökostromanbieter kaufen nicht nur Strom aus erneuerbaren Energien, sondern bauen auch eigene Erneuerbare-Energien-Anlagen – die sie für die direkte Belieferung ihrer Kund*innen einsetzen können.
Die eigenen Anlagen helfen den Anbietern, ihre Strompreise zu stabilisieren bzw. nötige Preisanpassungen abzufedern. Mit jedem weiteren Öko-Kraftwerk wird dieser Effekt stärker. Vor allem aber helfen mehr Öko-Kraftwerke dem deutschen Staat, uns Bürgerinnen und Bürgern auf dem Weg zu mehr Energieunabhängigkeit.
Je mehr Ökostromkunden es gibt, desto mehr Ökostrom wird erzeugt. Die Energieagentur Ebersberg-München empfiehlt: Beziehen Sie echten Ökostrom! Damit investieren Sie in die Stabilisierung der künftigen Strompreise ebenso wie in die Energieunabhängigkeit unseres Landes – und leisten womöglich Ihren eigenen kleinen Beitrag zur Friedenssicherung in Europa.
Hinweise:
Im Unterschied zu echtem Ökostrom wird Strom als „unechter Ökostrom" bezeichnet, wenn er anonym in großen Mengen an der Börse gekauft und danach mit Ökostromzertifikaten „grüngewaschen" wird.
Regionale Ökostromanbieter in den Landkreisen Ebersberg und München sind: Bavariastrom, Eberwerk, Polarstern, Rothmoser, Stadtwerke München (Tarif M/Ökostrom regional).
Bundesweit sollten Sie einen zertifizierten Ökostromanbieter wählen, um sicherzugehen, dass Sie mit Ihrem Stromtarif die Energiewende und den Klimaschutz unterstützen. Empfohlene Siegel sind „ok-power" sowie „Grüner Strom". Mögliche Anbieter sind u. a.: bpure, Bürgerwerke, ENTEGA, EWS Schönau, Naturstrom, Prokon, Green Planet Energy (ehemals Greenpeace Energy).